Wappensage

Es war eine schimmernde mondhelle Nacht,
Die Sterne beschienen das Lager der Schlacht,
Und doch eine Nacht voller Bangen.
Ein Knappe, der ruhet wohl unter dem Baum,
Lind wehet der West wie ein lieblicher Traum
Um seine geröteten Wangen.
Da dröhnt es von ferne heran mit Gewalt,
Wie klirrende Panzer, ein Schlachtruf erschallt,
Dann donnerndes Hufschlaggestampfe.
Der Knappe fährt aus dem Schlafe empor,
Hell glänzt sein Schwert in dem Mondstrahl hervor,
Und vorwärts stürzt er zum Kampfe.
Mein Kaiser, mein Kaiser! so ruft er voll Pein,
Bang späht sein Aug ins Gefilde hinein,
So weit die Blicke nur reichen.
Jetzt sieht er den Kaiser; der sprengt daher
Auf schäumendem Rosse, in schimmernder Wehr,
Er hatte nicht seinesgleichen.
Da stürzt aus des Waldes verräterischer Nacht
Der Feind auf den Kaiser mit tückischer Macht,
Den Jüngling erfasset ein Bangen.
Laut tönen die Schwerter auf Helm und auf Schild,
Des Kaisers Schlachtroß, es bäumet sich wild, -
Der Kaiser, der Kaiser gefangen!
Da haut sich der Knappe die blutige Bahn,
Er bricht durch die Feinde, er drängt sich heran,
Dem Kaiser entfallen die Zügel.
Schon wankt er im Sattel, - mit eiserner Hand
Erfaßt ein Feind ihn am Purpurgewand
Und reißt ihn frech aus dem Bügel.
Der Knappe sieht es, - rasch macht er ihn frei:
Er haut die Schnalle des Gurtes entzwei,
Die fest den Purpur gehalten.
Er fasset den Kaiser und hebt ihn aufs Pferd,
Er reicht ihm die Zügel und reicht ihm das Schwert
Und trotzet des Feindes Gewalten.
Als siegreich der Kaiser geschlagen die Schlacht,
Da hat er in Gnaden des Jünglings gedacht,
Er ließ nach ihm suchen und fragen.
Und da er gefunden, da ward er geehrt
Und von dem Kaiser mit eigenem Schwert
Zum Ritter des Reiches geschlagen.
Als Wappen erhielt er den blutroten Schild,
Darein zum Gedächtnis, als ehrendes Bild
Eine silberne Schwertgurt-Schnalle.
Und wo man von Teue und Tapferkeit spricht,
Da fehlt auch der Name der Zedlitze nicht.
Ihr Haus kommt nimmer zu Falle!

Anmerkung

Das Wappen, eine silberne Schwertgurtschnalle oder auch Mantelagraffe mit gebrochenem Dorn im roten Schild, das z.B. auch die fränkisch-ostpreußischen Wallenrodt führten und das noch heute auf zahllosen Grabsteinen und Schloßportalen in Schlesien in Stein und Holz … geht - der überlieferung nach - auf die Schlacht auf dem Lechfeld 955 zurück. Ein tapferer Knappe soll damals Kaiser Otto I. dadurch gerettet haben, daß er ihm die Mantelagraffe zerschlug, als ein Ungar ihn an seinem Umhang vom Pferd zerren wollte.

Quelle: von Zedlitz und Neukirch, Sigismund Freiherr, Geschichte der Familie Zedlitz, in: Schmilewski, U., Wahlstatt 1241, Bergstadtverlag W. G. Korn, Würzburg

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